Auf dem Frankfurter Flughafen geht es zuweilen zu wie auf dem Pausenhof: Wenn man dort mit seinen Forderungen nicht durchdringt, wird der große Bruder zur Hilfe gerufen. Ähnliches hatte wohl auch die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) im Kopf, als sie ihre Fluglotsen am Dienstag dazu aufrief, den mühsam vor sich hin streikenden Vorfeld-Kontrolleuren zur Seite zu springen. Diesem kreativen Streikmanagement hat das Frankfurter Arbeitsgericht in einem Eilverfahren nun zu Recht eine deutliche Absage erteilt.
Denn am späten Dienstagabend entschieden die Frankfurter Richter, dass ein solcher Solidaritätsstreik unverhältnismäßig ist. Schließlich würde dieser Arbeitskampf nicht einfach nur unterstützend wirken, sondern wäre von seinen Auswirkungen und seiner Bedeutung gleichbedeutend mit einem „Hauptstreik”, wie es in der kurz vor 22 Uhr verbreiteten Pressemitteilung des Frankfurter Arbeitsgerichts mahnend heißt. Und dieser Hauptstreik hätte sich wohl deutlich an der Anzeigentafel niedergeschlagen; die GdF wollte nahezu den gesamten Flugverkehr für sechs Stunden lahmlegen. Doch dazu kam es nicht: Entgegen der sorgsamen Planung mussten die zwölf Fluglotsen der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung heute morgen um 5 Uhr an ihrem Arbeitsplatz erscheinen und durften ihren streikenden Kollegen statt ihrer tatkräftigen Solidarität allenfalls ein paar warme Worte schenken.
Die Spartengewerkschaft hat schon angekündigt, gegen diese einstweilige Verfügung Berufung einzulegen. Vor dem Landesarbeitsgericht ist sie mit ihrem kühnen Plan noch nicht einmal chancenlos, schließlich hat das Bundesarbeitsgericht solchen Sympathiestreiks vor rund vier Jahren mit seiner ausufernden Grundsatzentscheidung kräftig Auftrieb gegeben. Damals lockerten die Erfurter Richter die Anforderungen erheblich, seither dürfen Gewerkschaften auch zum Arbeitskampf in dem Betrieb eines anderen Arbeitgebers aufrufen, ohne eigene Forderungen durchsetzen zu wollen.
Wie so oft im nur rudimentär kodifizierten deutschen Streikrecht ist damit alles eine Frage der Verhältnismäßigkeit – und diese hängt ja bekanntlich stark vom Auge des Betrachters ab. Die Frankfurter Richter hatten jedenfalls für die Eskapaden der Spartengewerkschaft wenig Verständnis. Damit haben sie einem erfolgversprechenden Geschäftsmodell vorerst einen Riegel vorgeschoben. Schade eigentlich! Denn das Ausleihen von waschechten Funktionseliten mit Erpressungspotential an weniger begnadete Berufsgruppen mit überzogenen Lohnforderungen klingt ja durchaus lukrativ. Spontan fallen mir auch ein paar Forderungen ein, die ich mit Hilfe der Fluglotsen durchsetzen könnte.
von faz-cbu erschienen in Das letzte Wort ein Blog von FAZ.NET.